Bedingt und nicht essentielle Aminosäuren

Semi-essentielle (bedingt lebensnotwendige) Aminosäuren können aus anderen Aminosäuren im Körper gebildet werden. So ist z. B. die Synthese von Cystein teilweise aus der essentiellen (lebensnotwendigen) Aminosäure Methionin möglich und Tyrosin kann aus der essentiellen Aminosäure Phenylalanin gebildet werden.

Unter bestimmten Bedingungen – z. B. Lebensalter, Wachstumsphase, Krankheit oder körperliche Aktivität – können semi-essentielle Aminosäuren für den Körper essentiell werden.

Beim Neugeborenen sind beispielsweise während der ersten Lebenstage Arginin, Cystein, Histidin und Tyrosin essentielle Aminosäuren.

Nicht-essentielle Aminosäuren sind Bausteine der Proteine, die der Körper selbst herstellen kann. Ihre Syntheserate hängt lediglich von der Zufuhr mit Makronährstoffen ab.

Zu den bedingt und nicht essentiellen Aminosäuren zählen:

Fehlt dem Körper eine Aminosäure beziehungsweise wird ein daraus gebildeter endogener Wirkstoff, wie beispielsweise ein Hormon, nicht mehr ausreichend hergestellt, so sind wichtige Körperfunktionen nicht mehr optimal gewährleistet.

Arginin

Arginin ist ein Vorläufer von Stickstoff und darüber an der Regulation der Blutgefäße beteiligt. Es spielt eine Rolle im Stoffwechsel von Hormonen und trägt zu einem gut funktionierenden Immunsystem und zur Wundheilung bei.

Arginin ist für Säuglinge und Kinder eine essentielle Aminosäure, für Erwachsene eine nicht essentielle Aminosäure. Arginin ist besonders reich an Stickstoff und kann aus vielen Proteinen gebildet werden. Arginin wurde 1895 erstmals aus Tiergeweihen isoliert. Bei Säugetieren spielt es eine wichtige Rolle in der Harnstoff-Synthese. Erwachsene Tiere und Menschen können Arginin aus Glutaminsäure synthetisieren.

Funktionen im Körper

  • Regulation der Blutgefäße bzw. der Blutzirkulation
  • Übermittlung von Neuronen im Gehirn
  • verbessert die Pumpleistung des Herzens
  • Hormonbildung und Freisetzung
  • trägt zur Bildung von T-Lymphozyten bei und senkt deren Funktionsstörungen
  • regt die Phagozytose (Vernichtung von Fremdsubstanzen) an

Arginin trägt über seine Beteiligung an der Proteinsynthese bei Verletzungen, Operationen etc. zur besseren Wundheilung bei. Im Harnstoffzyklus der Leber wird Arginin in Harnstoff und in die Aminosäure Ornithin gespalten und kann auch aus dieser gebildet werden. Es befreit auf diese Weise den Körper von überschüssigem Stickstoff, der danach mit dem Urin ausgeschieden wird.

Die Hauptlieferanten von Arginin

  • Nüssen und Samen
  • Fleisch, Fisch
  • Getreide 

Arginin ist nur im Säuglingsalter und bei Heranwachsenden essentiell, da die körpereigene Synthese in diesem Lebensalter zu gering ist. Bei Erwachsenen wird der Argininbedarf sowohl durch die Synthese im Körper als auch über den relativ hohen Proteingehalt in der Nahrung gedeckt.

Typische Gruppen für einen Mehrbedarf an Arginin

  • Patienten mit einem geschwächten Immunsystem
  • Patienten mit Verletzungen, Operationswunden
  • Patienten mit Arteriosklerose und Diabetes
  • Patienten mit einem Mangel an Wachstumshormonen
  • Patienten mit chronischen Krankheiten
  • Leistungssportler

Arginin zur Vorbeugung und Therapie 

Im allgemeinen ist Arginin zur Vorbeugung nicht notwendig. Arginin kann zu medizinischen Zwecken ergänzt werden, die Behandlung sollte unter therapeutischer Kontrolle erfolgen. Dosierungen können bis zu 6 Gramm täglich reichen. Die Resorption höherer Dosen von Arginin verschlechtert sich, daher werden Hochdosen am besten in mehreren Portionen über den Tag verteilt eingenommen.

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Carnitin

Carnitin – wichtig für den Energie- und Fettstoffwechsel

  • kann Energie aus Fetten freisetzen
  • transportiert Fettsäuren in die Mitochondrien, die "Kraftwerke" der Zellen
  • kann dazu beitragen, körperliche Leistungen und gute Herzfunktionen zu fördern
  • wird vom Körper aus den Aminosäuren Lysin und Methionin gebildet und gilt daher als nicht essentiell. Physiologisch wichtig ist die L-Form.

Die Hauptlieferanten von Carnitin

  • kommt vor allem in (roten) Fleisch- und Milchprodukten reichlich vor

Der Bedarf an Carnitin wird in der Regel durch die Eigensynthese und die Ernährung gedeckt, Mängel kommen entsprechend selten vor. Vegetarier, die neben Fleisch- auch alle Milchprodukte meiden, können schlechter versorgt sein.

Carnitin wird in bestimmten Lebenszeiten, wenn der Körper verstärkt Energie braucht, in erhöhten Mengen benötigt:

  • im Kindesalter, in der Schwangerschaft und in Stillzeiten
  • kann bei starken, sportlichen Leistungstraining den Muskelbelastungen und -schwächen vorbeugen, die Leistungsfähigkeit erhöhen oder die Erholungszeit verkürzen
  • wenn durch Herz- oder Lungenkrankheiten die körperliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, können Gaben von Carnitin diese eventuell verbessern
  • Der Bedarf an Carnitin ist vermutlich bei vielen Herzkrankheiten erhöht. Gaben von Carnitin konnten, wie einige Studien zeigen, die Herzfunktionen positiv beeinflussen.

Zur allgemeinen Vorbeugung sind Ergänzungen von Carnitin in der Regel nicht nötig. In Italien hat sich die therapeutische Anwendung von Carnitin durchgesetzt. Es wird zur Therapie von Herzschwächen, Herzrhythmusstörungen, Angina und bei zu geringer Sauerstoffversorgung des Herzens verordnet. Wegen möglicher Interaktionen mit anderen Medikamenten sollte Carnitin jedoch nur unter therapeutischer Betreuung eingesetzt werden.

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Cystin & Glutathion

Cystein und Glutathion haben wichtige Funktionen im Körper

Cystein

  • antioxidative Fähigkeiten
  • kann die toxischen Wirkungen von Medikamenten und Chemikalien verringern
  • trägt zur Synthese der Zellmembranen (Zellwände) ebenso wie zu ihrer Regeration bei
  • Zusammen mit der Pantothensäure (B-Vitamin) trägt Cystein dazu bei, dass wichtige Fettsäuren für die Zellwände und für Myelin (Teil der Nervenmarkscheide) gebildet werden
  • festigt das Bindegewebe

Glutathion

  • unterstützt die Strukturen von Körperproteinen
  • hilft beim Transport von Aminosäuren durch die Zellmembranen (Zellwände).
  • spielt eine besonders wichtige Rolle im antioxidativen Verteidigungssystem des Körpers
  • Es entfaltet seine Wirkung zusammen mit dem selenhaltigen Enzym Glutathionperoxidase
  • kann freie Radikale entgiften und oxidiertes Vitamin C und E wieder so aufbereiten, dass der Körper diese Vitamine erneut nutzen kann
  • wichtig für Immunsystem
  • kann außerdem der Leber helfen, eine Reihe von Chemikalien und Schadstoffen zu entgiften, das gilt beispielsweise für das Schwermetall Cadmium
  • trägt zur Reparatur von DNS-Schäden bei

Cystein- und Methionin-reiche* Lebensmittel

Lachs, Garnelen, Pute, Huhn, Sojabohnen, Rind, Cashew-Nüsse, Weizenkeime, Emmentaler

natürliches Glutathion enthalten

Avocados, Wassermelonen, Spargel, Kartoffeln, Orangen, Tomaten, Broccoli, Zucchini und Spinat

Bei ausgewogener Ernährung wird in der Regel der Bedarf an Cystein gedeckt. Ähnliches gilt für Glutathion, wenn dessen Bestandteile Cystein, Glutaminsäure und Selen ausreichend vorhanden sind.

Der Bedarf an Cystein und Glutathion kann bei folgenden Beschwerden und Krankheiten erhöht sein

  • bei belastenden Altersprozessen und chronischen Krankheiten
  • bei schweren Leberkrankheiten
  • bei Atemwegserkrankungen, z.B. Bronchitis, Sinusitis, Asthma 
  • bei Arthritis
  • bei einem schwachen Immunsystem 
  • bei toxischer Belastung, z.B. durch Medikamente, Schwermetalle etc. 
  • bei grauem Star (Katarakt)
  • evtl. bei Haarausfall, Glatzenbildung 
  • bei hohem Alkoholkonsum

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Glutamin & Glutaminsäure

Glutamin und die Glutaminsäure – wichtig für Energie, Gehirn und Darm

Glutamin ist vor allem für die Gewinnung von Energie sehr wichtig. Einen hohen Verbrauch daran haben alle Zellen, die sich schnell teilen und erneuern.

Funktionen im Körper

  • wichtigste nicht essentielle Quelle für Stickstoff
  • Vorläufersubstanz von GABS, der Gamma-Aminobuttersäure. Diese ist ein Neurotransmitter im Gehirn, der auf die Nervenbahnen beruhigend und besänftigend wirkt.
  • Von allen Aminosäuren hat Glutamin die höchste Konzentration im Blut und in den Muskelgeweben. Es wird dort abgebaut, um Energie zu gewinnen.
  • ist allgemein die wichtigste Quelle für Energie in den Zellen
  • trägt zur Synthese von Genbausteinen bei
  • kann das Immunsystem stärken, vor allem bei starken körperlichen Stressbelastungen.
  • kann in der Leber zu Glukose umgewandelt werden, dies kann den Spiegel des Blutzuckers im Körper stabilisieren.
  • Zusammen mit Cystein und Selen ist Glutamin außerdem ein Ausgangsstoff für die Bildung von Glutathion, ein lebenswichtiges Antioxidans im Gewebe.

Glutamin und Glutaminsäure in Lebensmitteln

Viele eiweißreiche Lebensmittel enthalten reichlich Glutaminsäure, beispielsweise Geflügel, Fisch und Gemüse, darunter besonders Rüben, Karotten und Rettich. Glutamin und GABS sind als spezifische Substanzen in Lebensmittel dagegen eher selten vorhanden

Glutaminsäure-reiche Lebensmittel

  • Käse
  • Schinken
  • Pute, Brustfleisch
  • Huhn, Brustfleisch
  • Milch
  • Hühnerei

Bei ausgewogener Ernährung wird in der Regel der Bedarf an Glutamin und Glutaminsäure gedeckt.

Mehrbedarf

  • bei Leistungssport und harter körperlicher Arbeit
  • bei starker physischer Belastung (z.B. durch Verletzungen, Operationen, Krankheiten)
  • bei Neigung zu Magengeschwüren und Gastritis
  • bei nervlicher Belastung und Anspannung
  • bei hohem Alkoholkonsum

Die vorbeugende Einnahme von Glutamin ist im allgemeinen nicht nötig. Glutamin kann aber bei der Neigung zu Magengeschwüren und Gastritis durch Aspirin oder Alkohol zur Vorbeugung eingesetzt werden. Glutamin kann auch therapeutisch angewendet werden, beispielsweise bei starken körperlichen Belastungen und bei ernsten Krankheiten. Die Dosierung und Dauer der Anwendung sollte der Therapeut bestimmen.

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Histidin

Histidin – wichtig für das Blut und das Immunsystem

Histidin ist für die weißen und roten Blutkörperchen wichtig. Es spielt eine Rolle bei allergischen Prozessen und im Immunsystem.

Es gilt für Erwachsene als bedingt essentiell, für Kinder und für Menschen mit einem chronischen Nierenversagen jedoch als essentiell.

Funktionen im Körper

an der Synthese von Hämoglobin (Blutfarbstoff) in den roten Blutkörperchen beteiligt.

wird für die Bildung von Histamin benötigt, das im Körper viele Funktionen hat. Es trägt beispielsweise zur Kontraktion von Darm, Uterus, Bronchien und Gefäßen bei und spielt eine Rolle bei allergischen Entzündungen.

kann entzündungshemmend und antioxidativ wirken.

kann bei entzündlichen Prozessen und Allergien freie Radikale abfangen und unschädlich machen

trägt zu einem gut funktionierenden Immunsystem bei, es unterstützt die Aktivität der weißen Blutkörperchen

Histidin ist weiter ein struktureller Teil verschiedener Enzyme, die am Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Proteinen und Nukleinsäuren beteiligt sind.  

Histidin ist in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln enthalten, größere Mengen kommen in Fleisch und einigen Fischen vor.

Histidin ist für Erwachsene nur bedingt essentiell, da sie es auch selbst synthetisieren können. Bei ausgewogener Ernährung und durch die Eigensynthese entsteht bei Erwachsenen in der Regel kein zusätzlicher Bedarf an Histidin. Für Kinder ist Histidin aber eine essentielle Aminosäure.

Bei einigen Belastungen und Krankheiten kann ein erhöhter Bedarf an Histidin bestehen. Ergänzungen können entsprechend dazu beitragen, die Versorgung zu verbessern.

  • bei Zinkmangel
  • bei bestimmten Formen der Anämie
  • bei rheumatoider Arthritis
  • bei stärkeren Stressbelastungen
  • bei chronischen Krankheiten, Verletzungen, Operationen
  • bei chronischem Nierenversagen

Im allgemeinen ist Histidin zur Vorbeugung nicht nötig. Es kann bei einigen Krankheiten, beispielsweise bei der rheumatoiden Arthritis, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Die Anwendung und Dosierung sollte vom Therapeuten festgelegt werden.

Taurin

Wichtig für Augen, Nerven, Herz und Fettstoffwechsel

Funktionen im Körper

  • trägt zum Wachstum der Augen und des Gehirns bei
  • Die größten Mengen finden sich im zentralen Nervensystem, in der Netzhaut der Augen und in den Bluttplättchen
  • ist Bestandteil einer Reihe kleinerer Proteine und von Neurotransmittern, die für Nervenfunktionen wichtig sind
  • kann auch leicht erregbare Zellmembranen im Herzen, in den Nerven und Blutplättchen beruhigen und stärken
  • hat außerdem eine antioxidative Wirkung. Es kann freie Radikale unschädlich machen und beispielsweise Chemikalien, Umweltschadstoffe etc. in der Leber binden und entgiften
  • fördert weiter die ausgeglichene Funktion der Gallensäuren und trägt zu einem gesunden Fettstoffwechsel bei.

Taurin - haltige Lebensmittel:

vorwiegend in tierischen und kaum in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Vegetarier nehmen daher nur sehr geringe Mengen dieser Aminosäure auf.

  • Muscheln, Thunfisch, Austern
  • Schweinefleisch, Lammfleisch, Rindfleisch
  • Huhn, Dorsch, Vollmilch  

Bei folgenden Bedingungen, Beschwerden und Krankheiten kann der Bedarf erhöht sein:

  • bei Mangel an den Aminosäuren Methionin, Cystein und an Vitamin B6
  • bei gestörter Fettverdauung (z.B. bei Leber-, Gallenblasen- oder                        Bauchspeicheldrüsen-Krankheiten)
  • bei erhöhter oxidativer Belastung (Schadstoffe etc.)
  • beim Risiko für Netzhautkrankheiten (grauer Star)
  • bei erhöhtem Blutdruck oder Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten
  • bei Arteriosklerose
  • bei chronisch-degenerativen Krankheiten
  • bei chronischen Leberkrankheiten
  • bei Epilepsie

Zur medizinischen Behandlung wird Taurin bei einem bekannten Mangel oder bei Mehrbedarf angewendet, die Dosierungen legt der Therapeut fest. Da Taurin aus Cystein gebildet wird, lassen sich die Taurinspiegel auch mit Hilfe von Cystein-Ergänzungen steigern. Bei der Synthese wirkt Vitamin B6 mit, das dann zusätzlich verordnet werden sollte.

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